Benutzungshinweise

Bestandsgeschichte

Der Bestand L 1 (Friedrich-List-Archiv) im Stadtarchiv Reutlingen ist der zentrale und reichhaltigste Quellenbestand zu Leben und Werk des schwäbisch-deutschen Patrioten und Nationalökonomen Friedrich List (1789-1846). Der Archivbestand umfasst im Wesentlichen Lists Nachlass, der 1889 von der ältesten Tochter Emilie (1818–1902) der Stadt übergeben wurde. List selbst hatte seine Korrespondenz – erhalten sind rund 1400 Briefe und Briefentwürfe von oder an List – systematisch gesammelt und wohl auch grob geordnet. Schon früh fand sich mit dem Heidelberger Historiker Ludwig Häusser (1818–1867) ein Biograph und Herausgeber, der die Unterlagen nutzte und bei dem auch das eine oder andere Stück dauerhaft verblieb. Weitere Verluste erlitt der Nachlass 1870, als sich die Tochter entschloss, besondere Stücke – darunter Korrespondenz mit General de Lafayette – zu veräußern. Schon früh an die Bayerische Staatsbibliothek gekommene Nachlassteile werden dort unter der Signatur cgm 6349 verwahrt und sind inzwischen ebenfalls online zugänglich.

Werkausgabe und Unterbringung

Trotz dieser Verluste waren mit der Überführung nach Reutlingen die Voraussetzungen für eine wissenschaftliche Beschäftigung geschaffen. Ein wichtiger Schritt auf diesem Weg erfolgte mit der Werkausgabe der Schriften und Briefe Lists. 1914 begonnen, konnte sie nach einer kriegsbedingten Unterbrechung erst 1935 abgeschlossen werden. Im Zuge der Edition erfolgten einige wertvolle Neuzugänge wie die Listpapiere des Nachfahren Friedrich Pachers von Theinburg. 1934 erhielt das Archiv eine angemessene Unterbringung, zunächst in dem damals als Stadtbibliothek genutzten Spendhaus, 1939 dann im neu eingerichteten Heimatmuseum im ehemaligen Königsbronner Klosterhof. Mit der Indienstnahme des 1966 neu erbauten Rathauses gelangte der Bestand schließlich an seinen heutigen Ort und wurde Teil des nun professionell besetzten Stadtarchivs. Stadtarchivar Dr. Paul Schwarz verzeichnete bis 1975 den damals 2752 Nummern umfassenden Bestand in Einzelblatterschließung neu.

Das List-Archiv enthält sowohl die Korrespondenz Lists als auch Manuskripte von Schriften, Vorlesungen und Vorträgen. Da die Werkausgabe gerade bei den Briefen unvollständig ist, bleibt jede gründliche Beschäftigung mit Leben und Werk Lists letzten Endes auf die Prüfung der Originale angewiesen. Somit wird mit der aus Mitteln des Bundesprojektes für Archive und Bibliotheken "WissensWandel" geförderten Digitalisierung und Onlinestellung 2021, 175 Jahre nach Lists Tod in Kufstein, einem dringenden Forschungsdesiderat Rechnung getragen.

Ordnung und Verzeichnung

Die in Einzelblattverzeichnung erschlossenen Schriftstücke liegen in chronologischer Ordnung vor. Die zitierfähigen Signaturen entsprechen dem älteren, durch den Reutlinger Redakteur und Stadtchronisten Egmont Fehleisen um 1897 erreichten Ordnungsstand. Sie wurden aus arbeitsökonomischen Gründen auch bei der Neuverzeichnung durch Stadtarchivar Paul Schwarz beibehalten.

Die Titelaufnahmen folgen mit nur leichten Korrekturen und Ergänzungen dem von Schwarz 1975 erreichten Erschließungsstand. Enthalten sind neben Formalangaben zu Entstehungszeit und Umfang ein inhaltliches Kurzregest (Titel), Angaben zu Form und Entstehungsstufe der Schriftstücke sowie Hinweise auf Editionen und in Auswahl auch auf Literatur.

Nicht alle Titelaufnahmen sind mit Digitalisaten verknüpft, sondern nur jene, die im Original im Stadtarchiv liegen. Im Zuge der Bestandspflege und Forschungstätigkeit wurden vor allem nach dem Zweiten Weltkrieg einschlägige Kopien aus anderen Archiven und Bibliotheken erworben und dem Bestand hinzugefügt. Sie sind hier nur als Titelaufnahme mit Angabe der verwahrenden Stelle berücksichtigt.

Literaturhinweis

Heinz Alfred Gemeinhardt: Zur Geschichte des List-Archivs in Reutlingen. Ein Blick auf 150 Jahre Traditionspflege in Friedrich Lists Vaterstadt, in: Reutlinger Geschichtsblätter NF 35 (1996), S. 267–329.

Zitieren und Nutzen

Bitte geben Sie bei jeglicher Nutzung als Quellennachweis "Stadtarchiv Reutlingen, L 1" sowie die jeweilige Signatur an. Wenn Sie Abbildungen veröffentlichen möchten, nehmen Sie bitte Kontakt mit dem Stadtarchiv auf.

Allgemeine Abkürzungen

  • Bl. Blatt
  • fl. Gulden
  • HS Handschrift
  • RGB Reutlinger Geschichtsblätter
  • S. Seite(n)
  • UB Universitätsbibliothek

Abgekürzte Literatur

Werke I-X
Friedrich List. Schriften, Reden, Briefe. Im Auftrag der Friedrich List-Gesellschaft mit Unterstützung der Deutschen Akademie und der Notgemeinschaft der Deutschen Wissenschaft hg. von Erwin v. Beckerath, Karl Goeser, Friedrich Lenz, William Notz, Edgar Salin, Arthur Sommer, 10 Bde., Berlin 1927–1935

Boetsch
Hermann Boetsch: Einkommen und Vermögen von Friedrich List. Ein Beitrag zur Wirtschaftsgeschichte des 19. Jahrhunderts, Diss. Basel 1935

H. Brandt, Parlamentarismus
Hartwig Brandt: Parlamentarismus in Württemberg 1819–1870. Anatomie eines deutschen Landtags, Düsseldorf 1987

P. Gehring, Kindheit (1964)
Paul Gehring: Friedrich List. Jugend- und Reifejahre 1789–1825, Tübingen 1964

P. Gehring, in: RGB 5 (1967)
Paul Gehring: Friedrich List bei der Neuordnung der Reutlinger Stadtverwaltung (1816–1819), in: Reutlinger Geschichtsblätter NF 5 (1967), S. 28–75

Häusser I-III
Friedrich List's gesammelte Schriften, hg. von Ludwig Häusser, 3 Teile, Stuttgart 1850–1851

Listkatalog 1989
Friedrich List und seine Zeit. Nationalökonom, Eisenbahnpionier, Politiker, Publizist, 1789–1846. Katalog und Ausstellung zum 200. Geburtstag unter der Schirmherrschaft des Ministerpräsidenten Dr. h.c. Lothar Späth, bearb. von Heinz Alfred Gemeinhardt u.a., Reutlingen 1989

G. Moltmann: Aufbruch nach Amerika (1989)
Günter Moltmann: Aufbruch nach Amerika. Die Auswanderungswelle von 1816/17, Stuttgart 1989

Olshausen
Hans-Peter Olshausen: Friedrich List und der Deutsche Handels- und Gewerbsverein, Jena 1935

W. Siemann
Wolfram Siemann: Publizieren in schwerer Zeit: Friedrich List und die Zensur, in: RGB NF 28 (1989), S. 149-167

K. Spiethoff, List in Aarau (2013)
Kilian Spiethoff: Politische Verfolgung und Exil. Neue Studien zu Friedrich Lists Aufenthalt in Basel und Aarau (1823/24), in: Reutlinger Geschichtsblätter NF 52 (2013), S. 57–108

E. Wendler (Hg.), „Das Band der ewigen Liebe“ (1996)
„Das Band der ewigen Liebe“. Briefwechsel mit Emilie und Elise List, hg. von Eugen Wendler, Stuttgart 1996

E. Wendler, List (2013)
Eugen Wendler: Friedrich List (1789–1846). Ein Ökonom mit Weitblick und sozialer Verantwortung, Heidelberg 2013

E. Wendler, Politisches Mosaik (2017)
Eugen Wendler: Friedrich List: Politisches Mosaik, Heidelberg 2017